Einleitung: Definition geschichtliche Bedeutung
Funktionsverlust erforderlich
Inhaltsverzeichnis
Denkmäler sind Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht, weil sie bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und weil für ihre Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen. Tragender Grund für die mit der Unterschutzstellung verbundenen weit reichenden Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse ist es, dass Denkmäler für geschichtliche Umstände und Entwicklungen Zeugnis ablegen. Sie halten das Wissen um die historische Dimension des Menschen und der Gesellschaft lebendig und bilden einen unersetzlichen Bestandteil der städtischen und ländlichen Umwelt des Menschen. Der Denkmalschutz als öffentliche Aufgabe ist nicht auf das Ziel beschränkt, über die Vergangenheit lediglich zu informieren, sondern will darüber hinaus körperliche Zeugnisse aus vergangener Zeit als „sichtbare Identitätszeichen“ für historische Umstände bewahren und die Zerstörung historischer Substanz verhindern.
Deshalb entfallen nach der ständigen Rechtsprechung vieler Gerichte grundsätzlich das öffentliche Interesse an der Erhaltung einer denkmalwürdigen Sache, wenn ihre historische Substanz soweit verloren geht, dass sie ihre Funktion, Aussagen über geschichtliche Umstände oder Vorgänge zu dokumentieren, nicht mehr erfüllen kann. Hiervon zu trennen ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen durch die Rekonstruktion weggefallener historischer Substanz die Denkmaleigenschaft eines Objekts bewahrt werden kann (OVG Münster, Urt. v. 26.8.2008, 10 A 3250/07, juris, Rn. 47). Im Folgenden soll dargelegt werden, wann ein Verlust der Denkmaleigenschaft anzunehmen ist. Hierbei soll auch klargestellt werden, dass durch historische Umbauarbeiten im Laufe der Zeit die Denkmaleigenschaft sogar auch verstärkt werden kann.
Identitätsverlust
Wenn durch die Umbauten die Identität des Gebäudes aufgehoben wird, also der Aussagewert des Kulturdenkmals verloren gegangen ist (OVG Bautzen, Beschl. v. 23.6.2006, 1 B 227/05, juris, Rn. 6, m.w.N.)
Der Denkmaleigenschaft steht dabei wiederum entgegen, dass der genaue Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes nicht feststeht, noch, dass an diesem im Laufe der vorherigen Jahrhunderte Veränderungen vorgenommen wurden, da von Menschen genutzte Bauwerke im Laufe der Zeit in der Regel Veränderungen erfahren. Diese sind vielmehr Ausdruck des geänderten Formempfindens und begründen gerade unter dem von der Beklagten angeführten Blickwinkel der historischen Bedeutung ihrerseits die Denkmaleigenschaft.
Verlust der Bedeutungskategorie
Wenn derart weitreichende bauliche Veränderungen erfolgt sind, dass die jeweilige Bedeutungskategorie des Denkmals nicht mehr sichtbar ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27.12.2011, OVG 2 N 104.09, juris, Rn 3).
Keine mathematisch-prozentuale Abwägung; Qualitative Wertung im Einzelfall erforderlich
Hierbei ist eine schematische, an Zahlenwerten orientierte Betrachtung nicht möglich (OVG Münster, Urt. v. 26.8.2008, 10 A 3250/07, juris, Rn. 48), sondern eine qualitative Bewertung der erhaltenen Bauteile vorzunehmen (VG Hamburg, Urt. v. 12.5.2014, 7 K 278/12, juris, Rn. 61).
Für die Frage, wann die historische Identität oder Funktion eines Baudenkmals entfällt, kommt es nicht auf eine schematische, an Zahlenwerten orientierte Betrachtungsweise an. Es lässt sich keine feste Regel darüber aufstellen, welcher relative Anteil an historischer Substanz eines Gebäudes wegfallen kann, ohne dass es zu einer Gefährdung oder zum Wegfall seiner Identität kommt. Erforderlich ist vielmehr eine qualitative Betrachtung, die die Gründe der Unterschutzstellung und alle Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt. Maßgeblich ist die Frage, ob ein Objekt trotz eingetretener Verluste an historischer Substanz noch die Erkennbarkeit der Aussage bewahrt hat, die zu seiner Eintragung in die Denkmalliste geführt hat. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Februar 1996 – 11 A 840/94 -, BRS 58 Nr. 228; Urteil vom 25. Juli 1996 – 7 A 1777/92 -; Urteil vom 21. Juli 1999 – 7 A 3387/98 -, BRS 62 Nr. 219.
Die Beantwortung der Frage, ob die Denkmaleigenschaft eines in die Denkmalliste eingetragenen Baudenkmals entfallen ist, muss daher von den Gründen für die Unterschutzstellung ausgehen und prüfen, ob die hierfür maßgeblichen Teile des Gebäudes in einem solchen Umfang zerstört worden oder sonst weggefallen sind, dass die verbliebene historische Substanz keinen Zeugniswert mehr besitzt. Die Prüfung dieser Frage führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Denkmaleigenschaft des N. Lichtspieltheaters nach der rechtskräftigen Entscheidung über seine Eintragung in die Denkmalliste verloren gegangen ist.