Die Entlassung eines Beamten auf Probe wegen fehlender Bewährung

Einführung

Im komplexen Geflecht des öffentlichen Dienstrechts spielt die Entlassung von Beamtinnen und Beamten auf Probe eine bedeutende Rolle. Die rechtlichen Grundlagen hierfür sind im Bundesbeamtengesetz verankert und erfordern eine sorgfältige Abwägung der individuellen Eignung, Befähigung und gesundheitlichen Verfassung der betroffenen Person. Dieser Artikel beleuchtet die Rechtsgrundlagen, die anzuwendenden Maßstäbe und die formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen im Kontext der Entlassung von Probebeamtinnen und -beamten. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf der strengen Beurteilung der Bewährung, die sich nicht nur auf fachliche Leistung, sondern auch auf die charakterliche Eignung erstreckt. Als Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht in Hamburg von der Kanzlei Heidemann Partner widme ich mich diesen juristischen Aspekten, um eine grundlegende Perspektive auf dieses komplexe Thema zu bieten.

Rechtsgrundlage & Maßstab

Eine Entlassungsverfügung wird in der Regel auf § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG gestützt. Danach können Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 BBG entlassen werden, wenn fehlende Bewährung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des genannten Gesetzes vorliegt.

Sinn und Zweck des Beamtenverhältnisses auf Probe

Hinsichtlich der anzulegenden Maßstäbe, an denen sich eine auf § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG gestützte Entlassung von Probebeamtinnen und -beamten messen lassen muss, ist von Folgendem auszugehen: 

Das Beamtenverhältnis auf Probe ist geschaffen worden, um dem Dienstherrn die Möglichkeit zu geben, Eignung, Fähigkeiten und Leistung des Beschäftigten zu erproben und sich von ihm ohne Schwierigkeiten zu trennen, wenn er den Ansprüchen und Erwartungen des Dienstherrn nicht genügt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1989 – 2 BvR 1574/89-, juris Rn. 8). Das Urteil über die Bewährung des Probebeamten besteht in der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn, ob der Beamte den Anforderungen in fachlicher, persönlicher und gesundheitlicher Hinsicht, die mit der Wahrnehmung der Ämter seiner Laufbahn verbunden sind, voraussichtlich gerecht werden wird. 

Was sind formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einer Entlassungsverfügung?

Nach § 28 Abs. 1 VwVfG muss der Betroffene schriftlich zu der beabsichtigten Entlassung angehört werden. 

Im Rahmen des BPersVG gilt zudem: Der Beamte auf Probe muss darauf hingewiesen werden, dass die Mitwirkung des Personalrats beantragen werden kann (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 BPersVG). Ferner ist die Gleichstellungsbeauftragte gemäß §§ 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 20 Abs. 1 BGleiG zu beteiligen.

Was ist mit Bewährung gemeint?

Der Begriff „Bewährung“ gewinnt durch seinen Bezug zu den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung in Art. 33 Abs. 2 GG und in § 11 BBG inhaltlich Kontur.  Zur Beamtin auf Lebenszeit darf gemäß § 11 Abs. 1 BBG nur ernannt werden, wer die allgemeinen beamtenrechtlichen Voraussetzungen erfüllt und sich in der Probezeit in vollem Umfang bewährt hat. Gemäß § 28 Abs. 2 BLV haben sich Beamtinnen und Beamten in der Probezeit in vollem Umfang bewährt, wenn sie nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung wechselnde Anforderungen ihrer Laufbahn erfüllen können.

Strenger Maßstab

Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 BBG gilt für die Feststellung der Bewährung ein strenger Maßstab. Erfüllt der Beamte auf Probe eines der genannten Merkmale nicht, darf er nicht in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen werden. 

Vollumfänglich bewährt hat sich der Beamte auf Probe dann, wenn er nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung wechselnde Anforderungen seiner Laufbahn erfüllen kann (vgl. § 28 Abs. 2 BLV, Art. 33 Abs. 2 GG). (Nur) In diesem Fall kann seine Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gegenüber der Allgemeinheit verantwortet werden. Bewährung liegt vor, wenn das von dem Beamten gezeigte Verhalten und dessen gesamtes Persönlichkeitsbild die positive Feststellung ermöglicht, der Beamte werde während der ganzen Dienstzeit im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit in jeder Hinsicht den an ihn zu stellenden Anforderungen gerecht werden.

Beurteilung der Bewährung erfolgt durch den Dienstherrn

Maßstab für die Beurteilung der Bewährung sind die Anforderungen des auf Lebenszeit zu übertragenden Amtes. Die Entscheidung darüber, ob sich der Beamte in der laufbahnrechtlichen Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil, das sachverständig und zuverlässig nur der Dienstherr abgeben kann. 

Begründete ernsthafte Zweifel reichen aus

Für die Feststellung der Nichtbewährung genügen dabei bereits begründete ernsthafte Zweifel des Dienstherrn. 

Eingeschränkter Überprüfungsspielraum für Gerichte

Die Entscheidung des Dienstherrn betreffend die Bewährung ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind oder ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe beachtet oder sachfremde Erwägungen vermieden worden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2022 – BVerwG 4 B 41.21 -, juris Rn. 12 und 16; Urteil vom 7. Mai 2019 – BVerwG 2 A 15.17 -, juris Ls. 4 und Rn. 52 ff.; Urteil vom 18. Juli 2001 – BVerwG 2 A 5.00 -, Ls. und juris Rn. 15 f.; Urteil vom 31. Mai 1990 – BVerwG 2 C 35.88 -, juris Rn. 18; zum Ganzen auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss des Senats vom 16. Februar 2018 – OVG 10 N 34.17 -, juris Rn. 9).

Gesundheitliche Eignung

Die gesundheitliche Eignung kann einem Bewerber nur dann abgesprochen werden, wenn bezogen auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen. 

Hinreichend fundierte Tatsachenbasis erforderlich

Die entsprechende Prognosebeurteilung setzt eine hinreichend fundierte medizinische Tatsachenbasis voraus, die in aller Regel ein Mediziner auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen muss. Dieser muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen fundiert einschätzen. 

Anforderungen an die medizinische Diagnose

Die medizinische Diagnose muss daher Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. 

Prognose der Entwicklung des Leistungsvermögens

Auf dieser Grundlage ist unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die es dem Dienstherrn und/oder dem Verwaltungsgericht ermöglicht, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung jeweils eigenverantwortlich zu beantworten. Lassen sich gesicherte Feststellungen zur gesundheitlichen Verfassung des Probebeamten nicht treffen („non liquet“), geht dies nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast zu Lasten des Dienstherrn (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 – BVerwG 2 C 12.11 -, juris Rn. 10 ff. sowie Ls. 2 und Rn. 21 ff.; Urteil vom 30. Oktober 2013 – BVerwG 2 C 16.12 -, juris Ls. 2 und Rn. 10 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Dezember 2021 – 1 A 793/13 -, juris Rn. 91).

Charakterliche Eignung

Die Bewährung des Beamten erfordert unter dem Aspekt der charakterlichen Eignung – einem Unterfall der persönlichen Eignung – die sichere Erwartung, dass der Beamte auch abgesehen von den fachlichen Anforderungen die dienstlichen und außerdienstlichen Beamtenpflichten erfüllen wird. Für die charakterliche Eignung ist daher die prognostische Einschätzung entscheidend, inwieweit der Beamte der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird. Dies erfordert eine wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens des Beamten, die einen Rückschluss auf die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen.

Die Zweifel können sich sowohl aus dienstlichem als auch aus außerdienstlichem Verhalten ergeben. Bloße Mutmaßungen reichen nicht aus. Geboten ist eine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände. Schon ein einmaliges Fehlverhalten kann allerdings begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung begründen, wenn dieses die charakterlichen Mängel des Beamten hinreichend deutlich zu Tage treten lässt (Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. November 2011 – 2 B 38.15 -, juris, Rn. 9, und vom 20. Juli 2016 – 2 B 18.16 -, juris, Rn. 10 und 26; Bay VGH, Beschluss vom 8. Februar 2021 – 6 CS 21.111 -, juris, Rn. 16; OVG Bremen, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 2 B 174/18 -, juris, Rn. 10; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 7. Mai 2020 -1 M 51/20 -, juris, Rn. 5; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 5. November 2018- 2 MB 17/18 -, juris, Rn. 11; Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: November 2021, BBG 2009 § 34 Rn. 18)

Loyalität

Die charakterliche Eigenschaft „Loyalität“ ist beim Beamten der Eigenschaft der Treue eng verwandt und bezeichnet wie diese die gefestigte Haltung einer inneren Verbundenheit mit den berechtigten Belangen des Dienstherrn. Nach außen tritt sie dadurch in Erscheinung, dass der Beamte die berechtigten Anliegen seines Dienstherrn unterstützt und sich seinen Kollegen und Vorgesetzen gegenüber verlässlich, beständig, berechenbar, ehrlich und rücksichtsvoll verhält. Egozentrisches Beharren auf eigenen Interessen, Unehrlichkeit oder rücksichtsloses Verhalten sind mit ihr nicht zu vereinbaren. Als charakterliche Haltung muss Loyalität sich auch in schwierigen Situationen bewähren, vor allem auch in Konflikten zwischen dem Beamten und dem Dienstherrn.

Sie wird allerdings nicht allein schon dadurch in Frage gestellt, dass der Beamte gegenüber seinem Dienstherrn eigene – auch denen des Dienstherrn gegenläufige – Interessen, ggf. auch mit Nachdruck, verfolgt und Missstände deutlich thematisiert und deren Beseitigung anmahnt. Loyal bleibt er, wenn er auch noch in einem solchen Konfliktfall die berechtigten Interessen des Dienstherrn, etwa an einem geordneten inneren und äußeren Dienstbetrieb, achtet und wahrt. Setzt er dagegen seine eigenen Belange unter Vernachlässigung oder Verletzung der berechtigten Interessen des Dienstherrn und damit diesem gegenüber rücksichtslos durch, ist der Schluss gerechtfertigt, dass es ihm an der gebotenen Loyalität fehlt.

Aufrichtigkeit als Unterfall der Loyalität

Aufrichtigkeit gegenüber dem Dienstherrn ist dabei ein (wesentlicher) Teil der geforderten charakterlichen Eigenschaft der Loyalität. Der Dienstherr darf erwarten, dass seine Beamten sich ihm gegenüber ehrlich verhalten und auch ihnen ungünstige Sachverhalte nicht bewusst verfälschen oder vertuschen.

Ermessen

Eine Entlassungsverfügung ist auch nicht ermessensfehlerhaft, wenn die mangelnde Bewährung endgültig feststeht. Dann ist er zu entlassen. 

Nur ausnahmsweise kann eine Verlängerung der Probezeit unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten angezeigt sein. Es müssen aber Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Probezeit unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit verlängert werden kann. Dies kann der Fall sein, wenn die Frage der Bewährung noch offen ist. Es muss zu erkennen sein, dass dem Beamten auf Probe nach dem gezeigten Fehlverhalten nochmals Gelegenheit gegeben werden kann, sich zu bewähren und sein Verhalten zu ändern. 

Fazit

Die Entlassung eines Beamten auf Probe ist ein bedeutender Schritt, der auf sorgfältiger Prüfung und rechtsstaatlichen Prinzipien basieren sollte. Die hier skizzierten rechtlichen Rahmenbedingungen und Maßstäbe unterstreichen die Notwendigkeit einer individuellen und sachverständigen Einschätzung seitens des Dienstherrn. Als Rechtsanwalt mit langjähriger Erfahrung im Verwaltungsrecht steht Heidemann von der Kanzlei Heidemann Partner für eine fundierte und rechtssichere Beratung in Hamburg. Die vorliegende Darstellung bietet einen Einblick in die komplexen Anforderungen und dient als Ausgangspunkt für eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesem sensiblen Rechtsgebiet. Bei allen rechtlichen Anliegen in Bezug auf die Entlassung von Beamten auf Probe berät Heidemann Partner Sie gerne und steht Ihnen kompetent zur Seite.

RA Dipl. iur. Marc Heidemann

RA Marc Heidemann konzentriert sich auf das Verwaltungsrecht und deckt eine breite Palette an verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ab. Seine Schwerpunkte liegen insbesondere im Waffenrecht, Denkmalschutzrecht und Baurecht. Bei verwaltungsrechtlichen Fragen bietet er zudem Unterstützung im Arbeits- und Zivilrecht. Entdecken Sie sein Fachwissen für Ihre rechtlichen Belange.

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