Die Verwertung von im Bundeszentralregister getilgten Straftaten bei der Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit nach § 35 GewO

Ablauf der Tilgungsfrist nur äußerste zeitliche Grenze

Der Ablauf der Tilgungsfrist im Bundeszentralregister stellt nur die äußerste zeitliche Grenze dar, von deren Erreichen ab die Eintragungen dem Antragsteller nicht mehr vorgehalten werden dürfen (Landmann/Rohmer, GewO, Loseblatt, § 35 Rdnr. 174, 41). 

Getilgte Verurteilungen können verwertet werden

Der Gesetzgeber hat – wie sich aus § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG ergibt – die Problematik der Verwertung früherer Verurteilungen bei der Zulassung und Wiedergestattung des Gewerbes gesehen und im Interesse des Schutzes des Rechtsverkehrs vor unzuverlässigen Gewerbetreibenden unter bestimmten Voraussetzungen sogar die Berücksichtigung von Strafurteilen nach ihrer Tilgung zugelassen. 

Gesamtwürdigung erforderlich

Die Prognose, ob und inwieweit längere Zeit zurückliegendes strafrechtliches Fehlverhalten die Annahme andauernder Unzuverlässigkeit rechtfertigt, erfordert vor diesem Hintergrund eine Gesamtwürdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls.

In die Gesamtwürdigung sind namentlich Art und Umstände der Straftat und die Entwicklung der Persönlichkeit des Antragstellers seitdem einzubeziehen (BVerwG, Beschl. v. 23.05.1995; Beschl. v. 09.07.1993 – 1 B 105.93 -, GewArch 1993, 414; Landmann/Rohmer, § 35, Rn. 41). 

Fokus muss auf dem Fehlverhalten, nicht der Verurteilung als solcher liegen

Nicht auf die Verurteilungen als solche, sondern auf das Verhalten, das zu ihnen geführt hat, und auf ihre rechtswidrige Nichtbefolgung durch den Antragsteller muss die Behörde bei der Begründung der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit abstellen. 

Denn ob und inwieweit längere Zeit zurückliegendes Fehlverhalten die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigt, ist eine Problematik des Einzelfalles (vgl. auch Beschluss vom 9. Juli 1993 – BVerwG 1 B 105.93 – Buchholz 451.20 § 34 c GewO Nr. 6 = GewArch 1993, 414). 

Aber: Berücksichtigung länger zurückliegender Vorgänge erfordern Gewerbebezug und Andauern bis in die Gegenwart

Mangels einschlägiger Rechtsnormen über die zeitliche Eingrenzung der Verwertbarkeit von Verhalten im Zusammenhang mit Strafurteilungen außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 149 ff. GewO begegnet die Einbeziehung länger zurückliegender Vorgänge in die Entscheidung über die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden grundsätzlich keinen Bedenken, wenn das die Bagatellschwelle überschreitende Verhalten im Zusammenhang mit der konkreten Gewerbeausübung steht und sich über einen längeren Zeitraum kontinuierlich bis in die Gegenwart hinzieht (BverwG, Beschl. v. 23.05.1995, Az.: BVerwG 1 B 78.95).

RA Dipl. iur. Marc Heidemann

RA Marc Heidemann konzentriert sich auf das Verwaltungsrecht und deckt eine breite Palette an verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ab. Seine Schwerpunkte liegen insbesondere im Waffenrecht, Denkmalschutzrecht und Baurecht. Bei verwaltungsrechtlichen Fragen bietet er zudem Unterstützung im Arbeits- und Zivilrecht. Entdecken Sie sein Fachwissen für Ihre rechtlichen Belange.

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