Die einstweilige Anordnung auf vorläufige Erteilung einer Gaststättenerlaubnis

Als Anwalt mit Schwerpunkt im Verwaltungsrecht und einer Expertise, die sich über Hamburg, Niedersachsen und bundesweit erstreckt, berate ich Sie gerne zu Fragen rund um das Gaststättenrecht. Für individuelle Beratung und eine Prüfung Ihres konkreten Falles stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Nehmen Sie gerne Kontakt auf, um Ihre Fragen zu klären und Ihre rechtlichen Interessen bestmöglich zu vertreten. In einem aktuellen Artikel beleuchte ich die Möglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes bei der Erteilung von Gaststättenerlaubnissen gemäß § 2 des Gaststättengesetzes (GastG).

Einblick in den einstweiligen Rechtsschutz gerichtet auf Erteilung einer vorläufigen Gaststättenerlaubnis

Wird die Erteilung einer Gaststättenerlaubnis nach § 2 GastG versagt, stellt sich die Frage nach dem Rechtsschutz im Eilverfahren neben Widerspruch und/oder Klage. Es kann geboten sein, zu versuchen, die Erteilung der Erlaubnis im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu erreichen. Neben einer Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen werden auch praktische Aspekte beleuchtet, wie etwa die Frage nach dem Anordnungsgrund und dem Anordnungsanspruch. Darüber hinaus wird erläutert, in welchen Fällen eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren überhaupt möglich ist und welche Kriterien hierbei eine Rolle spielen.

Rechtsschutzziel; statthafte Antragsart

Rechtsschutzziel ist es im Wege der einstweiligen Anordnung die Behörde dazu verpflichten, einstweilen und vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache eine Gaststättenkonzession gemäß § 2 Abs. 1 GastG zu erteilen.

Einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO

Insofern begehrt man die Erweiterung des eigenen Rechtskreises, welche mit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO geltend zu machen ist.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zu treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahren zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). 

Anordnungsgrund und mit hoher Wahrscheinlichkeit Anordnungsanspruch

Dies ist der Fall, wenn aufgrund einer im Verfahren des Eilrechtsschutzes lediglich vorzunehmenden summarischen Prüfung ein Anordnungsgrund, also ein Grund für die erhöhte Eilbedürftigkeit der Entscheidung, besteht und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht wird (vgl. § 920 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 123 Abs. 3 VwGO).

Problem: Vorwegnahme der Hauptsache

In dieser Konstellation besteht die Problematik, dass mit der einstweiligen Anordnung vorläufig das Gleiche begehrt, wie im Wesentlichen auch im Hauptsacheverfahren, nämlich die (einstweilige) Erteilung einer Gaststättenkonzession gemäß § 2 Abs. 1 GastG bis zur Entscheidung in der Hauptsache. 

Damit begehrt man eine Vorwegnahme der Hauptsache, was grundsätzlich dem Wesen und dem Zweck der einstweiligen Anordnung widerspricht.

Im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur unter Vorbehalt einer Neuentscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. 

Hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für Erfolg im Hauptsacheverfahren erforderlich

Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG, welcher einen effektiven Rechtsschutz gewährleistet, ist eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren ausnahmsweise dann zulässig, wenn diese im Interesse des Rechtsschutzes erforderlich ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für den Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 123 Rn. 13 und 14).

Begründetheit eines Antrages auf Erteilung einer vorläufigen Gaststättenkonzession

Anordnungsgrund

Zunächst muss man einen Anordnungsgrund glaubhaft machen.  Es muss klarwerden, dass ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung hier die für den Antragsteller Nachteile eintreten würden, die unzumutbar wären. 

a) Kein Grund: normale Verfahrensdauer bei der Antragsbearbeitung

Der Weg über die einstweilige Anordnung nach § 123 Absatz 1 Satz 2 VwGO ist bei verhältnismäßiger, dem Prüfungsaufwand entsprechender Verfahrensdauer zur Erreichung der Gaststättenerlaubnis nicht geeignet. 

So ist es angesichts der Ausgestaltung des § 2 Abs. 1 Satz 1 GastG als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt den Erlaubnisbewerbern, der gesetzlichen Wertung folgend, grundsätzlich zuzumuten, vor Betriebsaufnahme die Durchführung eines Erlaubnisverfahrens bei der Verwaltungsbehörde abzuwarten. Voraussetzung ist aber, dass dieses nicht unverhältnismäßig lange dauert. 

b) Kein Grund: Investitionen auf eigenes Risiko

Soweit ein Erlaubnisbewerber vor der Erteilung der Gaststättenerlaubnis bereits investiert haben sollte, etwa in den Umbau, und finanzielle Verpflichtungen eingegangen sein sollte, etwa im Zusammenhang mit dem Mietvertrag, so hätte er dies in vollem Umfang auf eigenes Risiko getan. Die Realisierung eines in dieser Lage eingegangenen Risikos ist allgemein kein hinreichender Grund zum Erlass einer einstweiligen Anordnung (BayVGH, B.v. 16.09.2011 – 22 CE 11.2174 – juris; B.v. 20.09.2004 – 22 CE 04.2203 – GewArch 2004, 491; B.v. 01.03.2002 – 22 CE 02.369 – juris).

Dies gilt grundsätzlich auch, wenn man mit mehreren vorläufigen Gaststättenkonzessionen in Folge arbeitet.  Die wiederholte Erteilung der vorläufigen Erlaubnis löst nämlich materiell-rechtlich keine Bindungswirkung der Erlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung über die endgültige Erlaubnis aus. Der Gastwirt investiert deshalb auf eigenes Risiko

c) Ausnahmsweise ein Grund: Existenzgrundlage; drohende Existenzgefährdung

Etwas anderes gilt, wenn ein im Rahmen einer vorläufigen Erlaubnis rechtmäßig bis dato geführter Gaststättenbetrieb bereits eine legale wirtschaftliche Existenzgrundlage darstellt, die durch das Auslaufen der vorläufigen Erlaubnis und der Versagung der endgültigen Konzession gefährdet wird. 

Im Rahmen der Prüfung des Vorliegens eines Anordnungsgrundes ist für die Einschätzung der drohenden Existenzgefährdung des Betroffenen auch auf die von ihm bei Übernahme des Betriebs eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen und die von ihm getätigten Investitionen abzustellen.

Prozessual muss glaubhaft gemacht werden, dass ohne den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung die wirtschaftliche Existenz gefährdet wäre. Er ist glaubhaft zu machen, in welcher Höhe sich gegenüber wem verpflichtet wurde

Wirtschaftliche Nachteile allein genügen nicht. Sie müssen auch unzumutbar sein, weil man sich mit der Ausübung des Gaststättengewerbes aufgrund der erteilten und (ggf. auch) mehrfach verlängerten vorläufigen Erlaubnis eine legale, wenn auch nur vorläufige wirtschaftliche Existenzgrundlage geschaffen hat.

Man würde ohne Erlass der vorläufigen Verpflichtung im Wege der einstweiligen Anordnung Nachteile erleiden, die bei einem Obsiegen in der Hauptsache nicht mehr ausgeglichen werden könnten und daher nicht zuzumutbar sind (vgl. HessVGH, B.v. 08.11.1995 – 14 TG 3375/95 – GewArch 1996, 252; B.v. 16.06.1988 – 8 TG 1022/88 – ESVGH 39, 231 – juris).

Anordungsanspruch

Weiter brauch man einen hochwahrscheinlichen Anspruch auf Erteilung der Gaststättenerlaubnis nach § 2 Abs. 1 GastG. Insbesondere dürfen mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Versagungsgründe nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG vorliegen.

Insbesondere: keine Unzuverlässigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG ist die beantragte Gaststättenerlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender dann, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Entscheidend ist hierbei, ob der Gewerbetreibende nach den Gesamtumständen (dem Gesamtbild seines Verhaltens), also unter Würdigung aller mit seiner Person und seinem Betrieb zusammenhängenden Umstände, auch unter Berücksichtigung seines früheren Verhaltens, willens und in der Lage ist, in Zukunft seine Pflichten zu erfüllen. Nicht in der Lage zum ordnungsgemäßen Betrieb eines Gaststättengewerbes ist, wer außerstande ist, seinen Betrieb in Übereinstimmung mit den Anforderungen der Rechtsordnung zu führen. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, wenn bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Gewerbetreibende seinen Betrieb auch künftig nicht ordnungsgemäß führen wird. Insoweit bedarf es einer Prognose über die zukünftige Entwicklung (VG Würzburg, Beschluss vom 08.07.2013 – W 6 E 13.500, juris).

Es dürfen mit hoher Wahrscheinlichkeit keine durchgreifenden Unzuverlässigkeitsgründe vorliegen, die die Versagung der Gaststättenerlaubnis rechtfertigen würden.

Aufgrund des vorläufigen Charakters des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist es nur dann sachgerecht, die Gewerbeaufsicht zur vorläufigen Konzessionserteilung zu verpflichten, zeitlich begrenzt bis zur Entscheidung in der Hauptsache, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis besteht.

Ist dies der Fall, ist eine Vorentscheidung im Eilverfahren gerechtfertigt. Denn neue Erkenntnisse betreffend die Zuverlässigkeit können zum einen bei der abschließenden Prüfung in der Hauptsache berücksichtigt werden. Zum anderen ist es der Gewerbeaufsicht unbenommen, die vorläufige Gaststättenerlaubnis jederzeit zu widerrufen, falls triftige Gründe auftreten sollten.

Nur dann kann das private Interesse, vorläufig die begehrte Gaststättenerlaubnis zu erhalten, überwiegen. Denn je schwerer die aus der Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes folgenden Belastungen wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass diese im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung zurückgestellt werden.

RA Dipl. iur. Marc Heidemann

RA Marc Heidemann konzentriert sich auf das Verwaltungsrecht und deckt eine breite Palette an verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ab. Seine Schwerpunkte liegen insbesondere im Waffenrecht, Denkmalschutzrecht und Baurecht. Bei verwaltungsrechtlichen Fragen bietet er zudem Unterstützung im Arbeits- und Zivilrecht. Entdecken Sie sein Fachwissen für Ihre rechtlichen Belange.

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