Die Nichtangabe von Ermittlungsverfahren im Bewerbungsverfahren für die Beamtenlaufbahn

Oft passiert es, dass im Bewerbungsformular Ermittlungsverfahren unterschlagen oder nicht angegeben werden, da die Bewerber denken, aufgrund der Einstellung der Verfahren seien diese nicht mehr relevant. Hier liegt bereits die erste Hürde auf dem Weg zum Beamten. Denn auch Ermittlungsverfahren werden über einen längeren Zeitraum im Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister (ZStV) gespeichert. Ob es zur Einstellung kam, spielt für die Eintragung keine Rolle. Kommt es in der Folge einer Nichtangabe eines solchen Verfahrens zur Aufforderung zur Stellungnahme ist das Kind in der Regel schon im Brunnen. Oft möchten sich Bewerber dagegen wehren, zumeist mit der Argumentation, das Verfahren sei doch nur eine Lapalie gewesen und zudem eingestellt worden. Dass es darauf aber nicht ankommt, soll hier kurz dargelegt werden.

Prozessuales

Prozessual statthaft ist im Eilverfahren der Antrag, mit dem die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet werden soll, über die Bewerbung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Nach § 123 Abs. 1 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung – ZPO – kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf eine bestimmte Maßnahme zusteht (Anordnungsanspruch), dieser Anspruch gefährdet ist und durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss (Anordnungsgrund).

Denn ein unbedingter Anspruch auf Einstellung des Antragstellers unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf, der allein auf Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes – GG – gestützt werden könnte, scheidet von vornherein aus. Diese Vorschrift gewährt dem Bewerber um ein öffentliches Amt keinen unbedingten Einstellungsanspruch, sondern lediglich den sogenannten Bewerbungsverfahrensanspruch (OVG NRW, Beschluss vom 18. Oktober 2013 – 1 B 1131/13 -, juris Rn. 5 m.w.N.). Dieser gewährt dem Bewerber ein grundrechtsgleiches Recht darauf, dass über seinen Antrag auf Zugang zu öffentlichen Ämtern nur nach Maßgabe seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ermessensfehlerfrei entschieden wird (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 – 2 C 19/10 -, BVerwGE 140, 83-92, juris Rn. 14 m.w.N.). Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Tatbestand zu Grunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (OVG RP, Beschluss vom 2. Juli 2014 – 10 B 10320/14 -, juris Rn. 5; BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1986 – 1 WB 128/85 -, BVerwGE 83, 200-201, juris Rn. 19).

Nichtangabe von Ermittlungsverfahren kritisch

Berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung eines Bewerbers können sich bereits daraus ergeben, dass im Rahmen der Bewerbung und später im Auswahlverfahren ein gegen Ermittlungsverfahren nicht angegeben wird.

Wahrheitspflicht als erste Einstellungshürde

Zu den Pflichten eines Beamten gehört ein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes, das der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert (Wohlverhaltenspflicht, § 2 BPolBG i.V.m. § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG). 

Daneben haben Beamte ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen (Unterstützungspflicht, § 2 BPolBG i.V.m. § 62 Abs. 1 Satz 1 BBG). Aus diesen Pflichten wird die Wahrheitspflicht abgeleitet (OVG NRW, Urteil vom 27. April 2016 – 3d A 1890/14.O -, juris Rn. 85). 

Danach hat der Beamte in allen dienstlichen Belangen die Wahrheit zu sagen, dienstliche Äußerungen muss er sorgfältig prüfen und sich darauf vorbereiten (VG Koblenz, Beschluss vom 7. März 2018 – 2 L 130/18.KO -). 

Dies betrifft auch Angaben im Bewerbungsverfahren, aus denen abgeleitet werden kann, ob der Bewerber diesen Pflichten genügen wird. Bei dem Verschweigen von Ermittlungsverfahren handelt es sich um eine Verhaltensweise, die für sich genommen geeignet ist, die charakterliche Integrität des Bewerbers in Frage zu stellen (OVG NRW, Beschluss vom 19. November 2014 – 6 A 1896/13 -, juris Rn. 48; VG Berlin, Beschluss vom 1. Dezember 2016 – 26 L 227.16 -, juris Rn. 19). 

Denn durch die Angabe – auch eingestellter – Verfahren wird der Dienstherr überhaupt erst in die Lage versetzt, sich durch Beiziehung der Ermittlungsakten ein umfassendes Bild darüber zu machen, ob ein Bewerber dauerhaft den besonderen charakterlichen Anforderungen des Dienstes gewachsen sein wird (VG Berlin, Beschluss vom 1. Dezember 2016 a.a.O., juris Rn. 19). Aus dem Inhalt beizuziehender Ermittlungsakten können sich nämlich durchaus Rückschlüsse auf Verhaltensweisen des Betroffenen, insbesondere auf sein Sozialverhalten sowie seine Selbstkontrolle, ergeben.

RA Dipl. iur. Marc Heidemann

RA Marc Heidemann konzentriert sich auf das Verwaltungsrecht und deckt eine breite Palette an verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ab. Seine Schwerpunkte liegen insbesondere im Waffenrecht, Denkmalschutzrecht und Baurecht. Bei verwaltungsrechtlichen Fragen bietet er zudem Unterstützung im Arbeits- und Zivilrecht. Entdecken Sie sein Fachwissen für Ihre rechtlichen Belange.

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