Verpflichtungsklage zwecks Aufstellens von Verkehrsschildern.

Klageart: Verpflichtungsklage

Die Klage ist als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Fall 2 VwGO) statthaft, weil es sich bei dem vom Kläger begehrten Verkehrszeichen um einen Verwaltungsakt in der Form einer so genannten Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 VwVfG handelt.

Klagebefugnis: 

Die erforderliche Klagebefugnis (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO) ist anzunehmen, wenn es möglich ist, dass durch die Weigerung der Behörde, ein Verkehrszeichen anzuordnen und aufzustellen, eigene Rechte des Klägers verletzt sind. 

Nach dem Vorbringen des Klägers muss die Möglichkeit bestehen, dass die ablehnende Entscheidung der Beklagten seine durch § 45 Abs. 1 StVO geschützten Rechte verletzt. Die Bestimmungen dieser Vorschrift über die Anordnung von Verkehrszeichen dienen grundsätzlich zwar nur dem Schutz der Allgemeinheit. Deshalb ist es hier erforderlich darzulegen, warum ohne das begehrte Verkehrszeichen für den Kläger konkrete Gefahren z.B. beim Überqueren der Straße, entstünden. Man muss sich damit nicht nur auf allgemeine Interessen berufen, die alle Verkehrsteilnehmer betreffen und daher eine Klagebefugnis nicht begründen können, sondern der Kläger muss eine besondere, auf seiner Stellung als Grundstücksanlieger beruhende Interessenlage geltend machen, nach der eine Beeinträchtigung eigener Rechte durch die ablehnende Entscheidung der Beklagten jedenfalls nicht von vornherein auszuschließen ist (vgl. Sauthoff, Straße und Anlieger, Rn 921; siehe auch VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 16.05.1997, NVwZ-RR 1998, 682).

Rechtsgrundlage

Grundsätzlich darf die Verkehrsbehörde aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs Verkehrszeichen aufstellen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO). 

Enge Voraussetzungen für Verpflichtungsanspruch für Bürger

Bürgerinnen und Bürger können dies jedoch nur unter engen Voraussetzungen von der Verkehrsbehörde verlangen. Ein dahingehender Anspruch setzt voraus, dass die Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs konkret gefährdet ist und damit öffentlich-rechtlich geschützte Individualinteressen des Klägers beeinträchtigt sind. Daneben ist gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO erforderlich, dass das Verkehrszeichen auf Grund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, so stehen die Anordnung und das Anbringen des Verkehrszeichens im Ermessen der Verkehrsbehörde. Ein Rechtsanspruch des Klägers auf das Verkehrszeichen kann sich dann nur ergeben, wenn der der Behörde eingeräumte Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeengt ist, dass jede andere Entscheidung als die Aufstellung des Verkehrszeichens rechtswidrig wäre (sog. Ermessensreduzierung auf Null; vgl. zum Ganzen z.B. Nds. OVG, Beschl. vom 26.08.2002 – 12 LA 522/02 -; VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 28.02.2003, DAR 2002, 284, 285). 

Wann ist ein Verkehrszeichen zwingend geboten?

Damit das Verkehrszeichen zur Gefahrenabwehr „zwingend geboten“ ist, genügt es nicht, dass sich die Anordnung als sachgerecht und zweckmäßig erweist. Der Verordnungsgeber wollte mit der Regelung in § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO und der entsprechenden Vorschrift über die Verhaltenspflichten der Verkehrsteilnehmer in § 39 Abs. 1 StVO dem zunehmenden Trend zur Regelung von Verkehrssituationen durch Verkehrszeichen und der damit verbundenen Gefahr der Überforderung und Ablenkung der Verkehrsteilnehmer sowie den hierdurch drohenden Akzeptanzproblemen entgegenwirken. Die Regelungen zielen darauf, die allgemeinen Verhaltensvorschriften im Straßenverkehr im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer aufzuwerten und die „Subsidiarität der Verkehrszeichenanordnung“ zu verdeutlichen (vgl. Begründung des Bundesrates, VkBl. 1997, 687, 689 Nr. 9 und 690 Nr. 22). Zu diesem Zweck sind die Verkehrsbehörden verpflichtet, bei der Anordnung von Verkehrszeichen restriktiv zu verfahren.

Verkehrszeichen muss die einzig in Betracht kommende Maßnahme sein.

„Zwingend geboten“ ist ein Verkehrszeichen unter Berücksichtigung dieses Regelungszwecks und des Wortlauts der Vorschriften nach § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 StVO daher nur dann, wenn das Verkehrszeichen die zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderliche und allein in Betracht kommende Maßnahme ist (im Ergebnis ebenso bereits VG Braunschweig, Beschl. vom 18.03.2003 – 6 B 10/03 -; VG Berlin, Urt. vom 28.09.2000, NZV 2001, 317, 318). Das ist nicht der Fall, wenn die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Straßenverkehrsordnung – wie z.B. das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme (§ 1 Abs. 1 StVO) oder die Regelungen über das Abbiegen (§ 9 StVO) und das Parken (§ 12 StVO) – mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen sicheren und geordneten Verkehrsablauf gewährleisten. Besondere Umstände, die ein Verkehrszeichen zwingend gebieten, liegen nicht vor, wenn die Gefahrenlage nach den konkreten örtlichen Gegebenheiten nicht über die mit einer Teilnahme am Straßenverkehr verbundenen allgemeinen Risiken hinausgeht. 

Kontrollfragen:

Ist das Verkehrszeichen unabdingbar erforderlich, um Gefahren für den Personen- oder Durchgangsverkehr abzuwenden?

Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass es zu konkreten Gefahren für Fußgänger kommt, die nur durch ein Verkehrszeichen beseitigt werden könnten.

Ist die Anordnung des begehrten Verkehrsschildes zwingend geboten, um erhebliche Verkehrsbehinderungen abzuwenden und damit die Ordnung des Straßenverkehrs zu gewährleisten?

RA Dipl. iur. Marc Heidemann

RA Marc Heidemann konzentriert sich auf das Verwaltungsrecht und deckt eine breite Palette an verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ab. Seine Schwerpunkte liegen insbesondere im Waffenrecht, Denkmalschutzrecht und Baurecht. Bei verwaltungsrechtlichen Fragen bietet er zudem Unterstützung im Arbeits- und Zivilrecht. Entdecken Sie sein Fachwissen für Ihre rechtlichen Belange.

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