Der Nachweis eines Strohmannverhältnisses im Gewerbe- und Gaststättenrecht

Wenn ein Strohmannverhältnis vorliegt, kann die Behörde eine Untersagungsverfügung gegen den Strohmann und den Hintermann aussprechen. Ein Vorgehen dagegen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hat bei Vorliegen der hier dargestellten Voraussetzungen seitens der Behörde in der Regel wenig Aussicht auf Erfolg. Denn liegen die Voraussetzungen vor, liegt das Kind bereits im Brunnen. Es besteht ein ganz erhebliches öffentliches Interesse daran, dass – auch vorübergehend – die Ausübung des Gaststättengewerbes für eine andere, zuvor als unzuverlässig erkannte Person, unterbunden werden soll. Es ist hierbei auf die im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestehenden Umstände abzustellen (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 – 1 C 146.80 – BVerwGE 65, 1; Hess. VGH, Urteil vom 1. Juli 2010 – 8 A 983/10 -, GewArch 2011, 172).

Was ist ein Strohmann im Gewerberecht?

Von einem Strohmann spricht man im Gewerberecht, wenn jemand (der Strohmann) zur Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse als Gewerbetreibender vorgeschoben wird, das in Frage stehende Gewerbe in Wirklichkeit aber von einem anderen betrieben wird. Die eine Person gibt nur ihren Namen für den Gewerbebetrieb her und dient dem wahren Gewerbetreibenden als „Aushängeschild“. Ein Strohmannverhältnis ist dann anzunehmen, wenn eine Betrachtung der Gesamtumstände erweist, dass ein Gewerbetreibender zur Verschleierung der wirklichen faktisch-wirtschaftlichen Machtverhältnisse eine natürliche oder juristische Person vorschiebt, die ohne eigene unternehmerische Tätigkeit nur als „Marionette“ des Gewerbetreibenden am Wirtschaftsleben teilnimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2003 – 6 C 10.03 -, GewArch 2003, 482 m. w. N.; OVG Nordrhein.-Westf., Beschluss vom 4. Juli 2011 – 4 B 1671/10 -, GewArch 2011, 415). -).

Kann ein Strohmann Adressat einer Gewerbeuntersagung sein?

Ja. Bei einem sogenannten Strohmannverhältnis ist neben dem Hintermann nämlich auch der Strohmann, der als Gewerbetreibender nach außen aktiv wird, geeigneter Adressat einer Gewerbeuntersagung. Ist der Hintermann unzuverlässig, so folgt die Unzuverlässigkeit des Strohmannes bereits daraus, dass er einem unzuverlässigen Hintermann die gewerbliche Betätigung ermöglicht (Hess. VGH, Urteil vom 20. Dezember 1982 – VIII OE 103/80 -, GewArch 1983, 189).

Welche Anforderungen gibt es zum Nachweis eines Strohmannverhältnisses?

Probleme ergeben sich in der Regel auf Behördenseite in Sachen Darlegungsdichte. 

Die Behörde muss nämlich Tatsachen ermitteln, die hinreichenden Anlass zu der Prognose geben können, dass der Gewerbetreibende keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung bietet. Es muss sich feststellen lassen, dass dem Gewerbetreibenden die erforderliche Zuverlässigkeit für die Führung eines Gewerbes oder einer Gaststätte fehlt, weil er einem unzuverlässigen Dritten als Strohmann dient oder ihm zumindest bestimmenden Einfluss auf die Gaststätte eingeräumt hat.

Die von der Behörde angeführten Erkenntnisse müssen hinsichtlich der von der Behörde daraus gefolgerten Strohmanneigenschaft des Gewerbetreibenden hinreichend aussagekräftig sein.

Ob ein sogenanntes Strohmannverhältnis vorliegt, ist eine tatsächliche Frage des Einzelfalles. Es kann aus Indizien abgeleitet werden und wird sich im Regelfall auf die Eröffnungsphase einer Gaststätte beziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 1994 – 1 B 212.93 -, GewArch 1995, 121). 

Hier führe ich die mMn wichtigsten Indizien auf (die Liste wird aktualisiert, aktueller Stand 13.01.2021)

1) Nach außen erkennbare Betriebsführung

Die Verwaltungsgerichte stellen maßgeblich auf die nach außen erkennbare Betriebsführung ab.

Ein Warnsignal für die Behörde kann es beispielsweise sein, wenn bei Gesprächen zur Erlangung der Konzession/Genehmigung – bzw. später zur Abwendung angedrohter Maßnahmen der Behörde – eine dritte als Hintermann in Frage kommende Person maßgeblich beteiligt ist und dabei den Mitarbeitern der Behörde den Eindruck vermittelte, die Person zu sein, die die Entscheidungen trifft.

a) Abwesenheit bei Vorort-Kontrollen

Als bedeutsam kann es durch die Gerichte erachtet werden, wenn der Gewerbetreibende bei Vorortkontrollen, nicht angetroffen wird. Es mag argumentativ zwar zugestanden werden, dass ein Gastwirt oder Gewerbetreibender sich nicht ständig und während der gesamten Öffnungszeiten in seinem Lokal aufhalten muss, was insbesondere bei dem Betrieb mehrerer Gaststätten gelten wird, soweit nicht – wie in der Regel – dann eine Stellvertretung erforderlich sein wird. Dazu muss der Gewerbetreibende aber auch hinreichend vortragen.

b) Anwesenheit der als Hintermann in Betracht kommenden Person bei Vorort-Kontrollen

Ergeben Außendienstkontrollen der Behörde, dass, sofern die Betriebsstätte geöffnet ist, jeweils nur der als Hintermann in Betracht kommende. und weitere Angestellte anzutreffen sind, ist dies ebenfalls ein stichhaltiges Indiz zu Gunsten der Behörde.

c) Wissensdefizite des Gewerbetreibenden

Als weiteres Indiz kommen Wissensdefizite in Betracht. Dies kann der Fall sein, wenn bei persönlichen Vorsprachen bei der Behörde für den Betreiber einer Gaststätte erstaunliche Wissensdefizite zu Tage treten. 

RA Dipl. iur. Marc Heidemann

RA Marc Heidemann konzentriert sich auf das Verwaltungsrecht und deckt eine breite Palette an verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ab. Seine Schwerpunkte liegen insbesondere im Waffenrecht, Denkmalschutzrecht und Baurecht. Bei verwaltungsrechtlichen Fragen bietet er zudem Unterstützung im Arbeits- und Zivilrecht. Entdecken Sie sein Fachwissen für Ihre rechtlichen Belange.

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