Keine Erledigung durch Zeitablauf bei Festhalten am Besuchswunsch im Klageverfahren
Das Verpflichtungsbegehren erledigt sich nicht durch Zeitablauf. Der Visumantrag bezieht sich aufgrund der im Antragsformular angegebenen Reisedaten nicht auf einen kalendarisch fest umrissenen, inzwischen abgelaufenen Zeitraum. Ein Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums für einen kurzfristigen Besuchsaufenthalt ist bei Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte vielmehr dahin auszulegen, dass der Antragsteller auch nach Ablauf des geplanten Aufenthaltszeitraums an seinem Besuchswunsch festhält. Eine gegenteilige Auslegung würde § 133 BGB verletzen (Vgl. BVerwG, 1 C 1.10, Rz. 14 ff.).
Objektivierter Empfängerhorizont maßgeblich
Die Erteilung eines Visums ist antragsgebunden. Dabei kann der Antragsteller bei der Beantragung eines Schengen-Visums für einen kurzfristigen Aufenthalt im Rahmen der bestehenden Rechtsvorschriften vorgeben, wann, wie oft und für wie lange er in den Schengen-Raum einreisen möchte. Stellt er einen Antrag, richtet sich dessen Inhalt daher in erster Linie nach seinem konkreten Begehren. Dieses ist nach § 133 BGB auszulegen. Danach ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Dieser Auslegungsgrundsatz gilt auch bei der Auslegung von Anträgen eines Bürgers gegenüber einer Behörde (Urteil vom 10. Juli 1963 – BVerwG 6 C 91.60 – BVerwGE 16, 198 <203>). Dabei ist maßgebend, wie die Behörde den Antrag bei objektiver Würdigung verstehen musste („objektivierter Empfängerhorizont“).
Weder den bei Antragstellung geltenden Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes noch dem zwischenzeitlich zu beachtenden Visakodex ist zu entnehmen, dass ein Schengen-Visum nur für einen kalendarisch bestimmten Zeitraum beantragt werden kann. Die Einschränkung, dass es nur für geplante Aufenthalte von höchstens drei Monaten je Sechsmonatszeitraum erteilt werden darf (z.B. § 6 Abs. 2 AufenthG), bezieht sich auf die Aufenthaltsdauer in Anknüpfung an den Zeitpunkt der ersten Einreise. Unerheblich ist, dass die Gültigkeitsdauer eines Visums fünf Jahre nicht überschreiten darf (vgl. § 6 Abs. 2 AufenthG). Dem ist nur zu entnehmen, dass ein Schengen-Visum nicht auf Vorrat, sondern nur im Zusammenhang mit einer geplanten Reise beantragt werden kann und maximal mit einer Gültigkeitsdauer von fünf Jahren ausgestellt werden darf.
Als Rechtsanwalt für Verwaltungsrecht stehe ich Ihnen bei Fragen zum Schengen-Visum gerne zur Verfügung.