Förderrichtlinien als unmittelbare Anspruchsgrundlage?

Förderrichtlinien keine unmittelbare Anspruchsgrundlage 

Förderrichtlinien vermitteln keine unmittelbare Anspruchsgrundlage auf staatliche Förderung. Denn Adressat der Förderrichtlinien sind nicht die Antragstellenden. Die Förderrichtlinien regeln verwaltungsintern die Ausübung des Ermessens.  Die Förderungspraxis führt lediglich zu einer Selbstbindung der Verwaltung über ständige Förderpraxis (mittelbare Außenwirkung).

Anspruch ergibt sich allein aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Selbstbindung der Verwaltung

Ein Anspruch auf Förderung kann deshalb nur im Wege der Selbstbindung der Verwaltung bestehen. Als Anspruchsgrundlage kommt allein Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. einer Selbstbindung der Verwaltung durch die Förderrichtlinie in Betracht (BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 – 3 C 49.02).

Keine objektive Auslegung der Förderrichtlinien durch die Verwaltungsgerichte

Dass Förderrichtlinien für Antragstellende keinen unmittelbaren Anspruch gewähren, wirkt sich bei der gerichtlichen Anfechtung einer Ablehnung staatlicher Förderung insbesondere auf die Auslegung der Förderrichtlinien aus. Denn die Verwaltungspraxis bei der Handhabung von internen Förderrichtlinien ist auch im gerichtlichen Verfahren maßgeblich.

Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Förderrichtlinien beruhen, kommt es damit nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien an, sondern grundsätzlich nur darauf, wie die Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind (VG Würzburg, Urteil vom 29.10.2021 – W 10 K 20.611 mit Verweis auf BayVGH, U.v. 10.12.2015 – 4 BV 15.1830 – juris Rn. 42 m.w.N.). 

Die Förderstelle bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben sie dem Fördergegenstand zuordnet. Insoweit hat die Förderstelle auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (VG Würzburg, Urteil vom 29.10.2021 – W 10 K 20.611 mit Verweis auf BayVGH, B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19 m.w.N.), so dass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde. Denn meistens ist die staatliche Förderung der meisten Fördergegenstände von Verfassungs wegen nicht zwingend geboten. Vielmehr besteht weitgehende Gestaltungsfreiheit auch im Hinblick auf den Ausschluss eines bestimmten Personenkreises von der Förderung.

Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Das Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien (VG Würzburg, Urteil vom 29.10.2021 – W 10 K 20.611 mit vgl. Verweis auf SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 – 2 A 480/17 – juris; OVG SH, U.v. 17.5.2018 – 3 LB 5/15 – juris; OVG NRW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris; HessVGH, U.v. 10 A 1481/11 – juris).

Ausgangspunkt ist die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. (VG Würzburg, Urteil vom 29.10.2021 – W 10 K 20.611 mit Verweis auf Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 26. Aufl. 2020, § 114 Rn. 41 ff.).

Es dürfen im Einzelfall keine sachlichen Gründe für das Abweichen von der Behördenpraxis bestehen. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften dürfen nur für den Regelfall gelten und müssen Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle lassen. Ein derartiger atypischer Fall ist dann gegeben, wenn der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweist, deren Besonderheiten von der ermessenslenkenden Vorschrift nicht hinreichend erfasst und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten (VG Würzburg, Urteil vom 29.10.2021 – W 10 K 20.611 mit Verweis auf OVG NRW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris).

Anhaltspunkte dafür, dass die Förderstelle in anderen vergleichbaren Zuwendungsfällen anders verfährt, sind müssen entweder vorgetragen werden oder sonst ersichtlich sein (vgl. auch VG Berlin, B.v. 11.4.2014 – 26 L 23.14 – ZOV 2015, 79). So muss ersichtlich sein, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über den Antrag des Prätendenten (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris m.w.N.) eine andere Förderpraxis vorlag.

Fazit

Bevor gegen einen ablehnenden Bescheid nach einem Antrag auf Förderung aufgrund einer Förderichtlinie Widerspruch oder Klage erhoben wird, sollte gewissenhaft geprüft werden, ob der zu beurteilende Fall in seiner konkreten Gestalt als Regelfall betrachtet werden kann, der normalerweise im Rahmen der ständigen Verwaltungspraxis positiv beschieden werden würde. Ein atypischer Fall, müsste hingegen derart gelegen sein, dass gerade wegen seiner Besonderheiten ein positiver Bescheid geboten ist. Dies muss aber im Einklang mit der Auslegung der Förderrichtlinie durch die Förderstelle stehen. Daher bietet sich die Prüfung solcher Fördersachverhalte durch einen Anwalt für Verwaltungsrecht zu einem möglichst frühen Zeitpunkt an. Als Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht berate ich Sie hierzu gerne.

RA Dipl. iur. Marc Heidemann

RA Marc Heidemann konzentriert sich auf das Verwaltungsrecht und deckt eine breite Palette an verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten ab. Seine Schwerpunkte liegen insbesondere im Waffenrecht, Denkmalschutzrecht und Baurecht. Bei verwaltungsrechtlichen Fragen bietet er zudem Unterstützung im Arbeits- und Zivilrecht. Entdecken Sie sein Fachwissen für Ihre rechtlichen Belange.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *